Aus der Agentur

OKR: Zielmanagement am Beispiel von IW Medien

Lesezeit: 6 min

Eine in blau gehaltene Grafik, welche kleine Kreuze und Kreise als Schmuckelemente aufweist. In der Mitte steht der Begriff 'OKR'.

Das Thema Zielvereinbarung ist nicht neu. Die Neandertaler hatten die – vermutlich eher implizite – Zielvereinbarung, durch Jagd und Fortpflanzung ihr Überleben zu sichern. Laotse soll einst „Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg“ gesagt haben. Im Hier und Jetzt des Geschäftslebens wiederum ist OKR in aller Munde – eine agile Methode zur Zielvereinbarung in Unternehmen.

Was hinter der Methode OKR steckt und wie sie funktioniert erklären wir im folgenden Beitrag.

Was ist das OKR-Modell?

Die Abkürzung OKR steht für Objectives and Key Results – ein agiles Framework zur Zielvereinbarung. OKR-Management als Methode zur Formulierung und Vereinbarung von Zielen ist in Deutschland stark im Kommen, seine Geschichte reicht jedoch bis ins Jahr 1971 zurück. Damals begann Intel-Mitgründer Andy Grove die Methode „Management by Objectives“ (MBO) in das Modell, das wir heute OKR nennen, weiterzuentwickeln. Heute nutzen viele große Unternehmen in den USA Objectives and Key Results, um ihre Ziele zu erreichen. Allen voran Google, Twitter, LinkedIn, Oracle – und nach wie vor auch Intel.

„OKRs have helped lead us to 10× growth, many times over. They’ve helped make our crazily bold mission of 'organizing the world’s information' perhaps even achievable. They’ve kept me and the rest of the company on time and on track when it mattered the most.“

Larry Page

Wie setzt IW Medien die Methode OKR um?

Dieses Flowchart stellt die Umsetzung der Unternehmensvision für 2025 in 3 MOALS im Rahmen des OKR-Prozesses dar.
Die Moals der IW Medien für 2019-2020

Einmal im Jahr trifft sich das Strategieboard, bestehend aus der Geschäftsführung und Mitgliedern der Managementebene, um aus der (Unternehmens-)Vision der IW Medien drei sogenannte Moals (= midterm goals) abzuleiten. Diese drei Moals dienen danach 12 Monate lang als Orientierungsmarke für alle Abteilungen/Teams. Diese 12 Monate zerlegt IW Medien in drei OKR-Zyklen à 4 Monate. Jede Abteilung führt nun einmal im Zyklus das sogenannte OKR-Planning durch: einen 4-stündigen Ideen-Workshop, bei dem die Mitarbeiter ihre Objectives (= ca. 3 Ziele) und Key Results (= ca. 3 Schlüsselergebnisse pro Objective) für die nächsten vier Monate erarbeiten und festlegen.

Inspirierende Objectives und messbare Key Results

Die Objectives sind also die drei Ziele, mit denen sich eine Abteilung innerhalb eines OKR-Zyklus beschäftigt. Die Leitfragen beim Planning lauten daher „Was wollen wir innerhalb der nächsten vier Monate erreichen? Was ist uns als Team wichtig?“ Dabei ist es wesentlich, auf gewisse Merkmale eines Objectives zu achten.

Merkmale von Objectives:

  • qualitativ
  • inspirierend
  • erreichbar
  • abgeleitet aus Moals

So könnte ein Objective beispielsweise „Wir haben die Conversionrate  auf unserer Website erhöht.“ oder „Wir haben unser Business Development ausgebaut.“ lauten. Während Objectives sich mit der Frage „Was wollen wir gemeinsam erreichen?“ beschäftigen, geben Key Results Antwort auf die Frage „Wie kommen wir dahin?“. Key Results sind die Schritte, die jedes Team gehen muss, um seine Objectives zu erreichen.

Merkmale von Key Results:

OKR Planning in agilem Setting: Die OKR-Masterin sortiert die Vorschläge mit Haftzetteln an einer Wand, während das Team zuhörend oder arbeitend am Tisch sitzt.
  • quantitativ
  • messbar
  • erreichbar
  • abgeleitet aus dem Objective

Zum oben genannten Objective-Beispiel „Wir haben die Conversionrate auf unserer Website erhöht“ könnte ein passendes Key Result beispielweise „Wir haben die Zahl unserer Website-Besucher um sieben Prozent gesteigert“ lauten. Eine andere Möglichkeit wäre „Wir haben einen UX-Check durchgeführt und die 10 größten Baustellen beseitigt.“ So legen die Teammitglieder im Rahmen des OKR-Plannings nacheinander alle Objectives und Key Results gemeinsam fest. Die Moderation des Plannings wie auch aller anderen OKR-Formate übernimmt der OKR-Master.

Der OKR-Master

Bei IW Medien gibt es fünf OKR-Master. Der Master hat im OKR-Modell eine zentrale Position und vereint fünf essenzielle Rollen in einer Person:

  • Coach: Der OKR-Master unterstützt Teams dabei, ihre selbstgewählten Ziele im OKR-Prozess zu erreichen.
  • Experte: Er verfügt über weitreichendes Wissen zum OKR-Modell und behält neueste Entwicklungen stets im Auge.
  • Prozessverantwortlicher: Er kümmert sich um den Prozess, den festen Rahmen des Modells. Der Master organisiert daher auch die OKR-Termine.
  • Facilitator: Er treibt OKR voran und hilft Teams bei der Planung ihrer Objectives und Key Results. Der Master bleibt inhaltlich stets neutral.
  • Change Agent: Er ist Teil der Veränderungen (= Change) auf unterschiedlichen Ebenen, die die Organisation in die Wege leiten möchte. Er kümmert sich innerhalb des Change-Prozesses – den OKR anstößt – vor allem um die Initiierung und Durchführung der gewollten Veränderungen. Diese sind beispielsweise die Erhöhung der Mitarbeitermotivation oder die Schaffung einer angenehmeren Unternehmenskultur.

Inhaltlich greift der OKR-Master nicht ein – er soll  die Ziele und Schlüsselergebnisse, die sich die Abteilungen für einen Zyklus vornehmen, nicht bewerten. Seine Aufgabe liegt vielmehr darin, die Teams während des Plannings stets dafür zu sensibilisieren, dass die Key Results nicht nur ambitioniert, sondern gleichzeitig auch erreichbar sein müssen.

„Objectives and key results are the yin and yang of goal setting.“

John Doerr

Wie geht es nach dem Planning weiter?

Stehen alle Objectives und Key Results fest, blicken alle Mitarbeiter wöchentlich im OKR-Weekly für 15 Minuten gemeinsam auf den Status quo der Ziele und Schlüsselergebnisse. Dadurch ist jedes Teammitglied immer auf dem aktuellen Stand, sieht, wo es noch Schritte zu gehen gilt und wo bereits Erfolge zu feiern sind.

Was passiert am Ende des OKR-Zyklus?

Am Ende eines Zyklus – also nach vier Monaten – kommt das Team mit dem OKR-Master in den zwei Formaten Review und Retro zusammen, um auf den OKR-Zyklus zurückzuschauen und ihn gemeinsam abzuschließen. In der Review besprechen die Teilnehmer alle Ziele und die entsprechende Zielerreichung. Für jedes Objective widmet sich das Team folgenden Leitfragen:

  • Zu wieviel Prozent haben wir das Ziel erreicht?
  • Warum haben wir das Ziel so gut/nicht so gut erreicht?
  • Wie kamen wir mit der Zielformulierung zurecht?
  • War der inhaltliche Fokus richtig gesetzt?
  • Was können wir im nächsten Zyklus verbessern?

Auf die Review folgt die Retro

Ablauf eines OKR Zyklus bei IW Medien: Die Vision bis 2025 und die MOALs wirken auf den viermonatigen OKR-Zyklus mit den Teilschritten Planning, Weeklies, Reviews und Retrospektiven ein.

In der Retrospektive (kurz Retro) geht es um die Teamzusammenarbeit. Das Format folgt am Ende jedes Zyklus und schließt diesen ab. In der Retro besprechen und diskutieren die Mitarbeiter in einem geschützten Rahmen (ohne ihre Führungskraft), was im letzten Zyklus besonders gut lief und was sie im nächsten Zyklus verbessern können. Denn es gilt: Nach der Retro ist vor dem Planning. Nachdem die Teams den abgelaufenen Zyklus aufgearbeitet haben, können sie im folgenden Planning ihre Ideen und Themen für den nächsten Zyklus einbringen und sich gemeinsam auf ihre Ziele festlegen.

OKR-Methode: Nicht nur für Google

Unsere Erfahrung mit OKR hat gezeigt, dass sich das Modell nicht nur für die globalen Player eignet. OKR hat auch in Deutschland schon in einer Vielzahl an Unternehmen Fuß gefasst, z. B. Zalando, Jameda oder Trivago. Aber auch für kleine und mittelständische Unternehmen eignet sich OKR. Denn gerade wenn die Ressourcen begrenzt sind, ist es wichtig, sie zielgerichtet und effizient einzusetzen.

Für uns ist klar: Objectives und Key Results einzuführen, war die richtige Entscheidung.

Im Folgenden erklären wir, welche konkreten Vorteile wir sehen und welche Erfahrungen IW Medien mit der Methode gemacht hat.

Alignment im Zielmanagement

Jubelndes Google-Team am Ende eines OKR-Zyklus.

OKR als Framework hat viele Vorteile. Die erste Besonderheit ist das sogenannte Alignment.Durch diese „Ausrichtung“ aller Abteilungen auf die Moals – und damit auch die Vision – des Unternehmens arbeiten alle Mitarbeiter gezielt in eine Richtung. So verfolgt das ganze Unternehmen dieselben Ziele. Jede Abteilung trägt aktiv einen Beitrag zu den Unternehmenszielen und der Vision des Unternehmens bei.

Struktur schafft Freiraum

OKR bietet einen klar strukturierten Rahmen aus festen Zeiträumen und Vorgaben für den Zyklus. Planning und Weekly helfen, Ziele und Aufgaben zu strukturieren und vor allem zu priorisieren. So ermöglicht Objectives and Key Results ein systematisches Vorgehen. Im Gegensatz zu klassischen Zielvereinbarungsmodellen erinnern das OKR-Planning sowie das Weekly die Mitarbeiter regelmäßig an die gesteckten Ziele. Die gemeinsam erarbeiteten Key Results besprechen und diskutieren die Beteiligten jede Woche im Weekly. Dadurch schafft OKR ein besonderes Bewusstsein für die gemeinsamen Aufgaben.

„At the core of healthy team relationships is trust and respect.“

Jim Highsmith

Kommunikation und Vertrauen

Pinnwand eines Retrospektive-Meetings mit Haftzetteln, die die Optimierungspotenziale benennen.

OKR verbessert die Kommunikation – sogar in Abteilungen, deren Mitglieder an unterschiedlichen Standorten arbeiten. Dadurch, dass sie dieselben Ziele verfolgen, wachsen vor allem sehr heterogene oder neue Teams durch OKR schneller und stärker zusammen.  Sie sprechen jede Woche im OKR-Weekly darüber, wie weit sie bisher gekommen sind, was sie bis zum nächsten Weekly angehen werden und an welchen Stellen sie Hilfe oder Unterstützung von anderen Teammitgliedern benötigen. Insbesondere die Retrospektiven fördern die Kollaboration: Sie schaffen Raum nicht nur zur Optimierung der Ziele, sondern auch der Zusammenarbeit. Der vertrauensvolle geschützte Rahmen einer Retro ermöglicht, offen zu sprechen und konstruktiv und respektvoll zu diskutieren. Retrospektiven tragen somit stark zu einer gesunden Fehler- und Feedbackkultur bei, die jedes Unternehmen benötigt.

Retrospektiven fördern zudem das Vertrauen der Teammitglieder untereinander, denn hier gilt die sogenannte Vegas-Regel. Diese besagt, dass alles im geschützten Raum bleibt und niemand vertrauliche Informationen nach außen trägt. Zusätzlich sorgt die oberste Direktive (eine Art Haltung, die das untenstehende Zitat von Norm Kerth beschreibt) dafür, dass niemand Schuldzuweisungen betreibt, sondern jeder jedem einen Vertrauensvorschuss zugesteht. So kann jeder offen seine Meinung und Ideen einbringen.

„Regardless of what we discover, we understand and truly believe that everyone did the best job they could, given what they knew at the time, their skills and abilities, the resources available, and the situation at hand.“

Norm Kerth

OKR-Modell als Innovation Hub

Strukturiertes OKR-Meeting: 4 junge Männer erarbeiten an einem Whiteboard mit sortierten Haftzetteln ihre Ergebnisse.

OKR schafft Raum für Ideen und Themen, die häufig aufgrund des Tagesgeschäfts liegen bleiben. „Jemand müsste mal…“, „Man sollte mal“ oder „Eigentlich wollte ich mal“ führen nicht in Richtung Unternehmensziel. Im Rahmen von OKR haben die Teams Zeit, die Schritte, die sie in Richtung Moals und Vision gehen wollen und müssen, auch wirklich zu gehen. Im OKR-Planning werden Kreativität und Innovation freigesetzt – es gibt erstmal keine Beschränkungen für eigene Ideen oder Ziele, die die Mitarbeiter im Team verfolgen möchten. Es gilt, auch unkonventionell zu denken – solange dies auf die Moals einzahlt und zur Erreichung der Vision beiträgt.

Transparenz als Erfolgsfaktor

Die Objectives und Key Results aller Abteilungen werden für gewöhnlich mit dem ganzen Unternehmen geteilt, sodass jeder zu jedem Zeitpunkt nachvollziehen kann, welches Team an welchen Zielen arbeitet und wie weit es aktuell damit ist. OKR schafft damit eine Transparenz, die es in dieser Form in vielen Unternehmen bis dato nicht gab.  Eine simple und doch sehr effektive Methode, um sich als Abteilung verantwortlich für seine Ziele zu zeigen und offen zu legen, dass man in Richtung der Unternehmens-Moals und -Vision arbeitet – gemeinsam.

„Transparency seeds collaboration. “

John Doerr

Wir sind alle gleich

OKR ist hierarchiefrei. Das bedeutet, dass Führungskräfte ihren Mitarbeitern im OKR-Team nicht übergeordnet sind. Beim Planning und allen anderen Formaten zählen Stimme und Meinung eines Teammitglieds genauso viel wie die des Team- oder Abteilungsleiters. Diese besondere Konstellation erfordert zum einen, dass sich Führungskräfte zurücknehmen und auf das Wissen der Gruppe vertrauen. Zum anderen verlangt sie, dass das Team aktiv und mutig ist. OKR fördert durch den hierarchielosen Ansatz einen Austausch auf Augenhöhe zwischen allen Personen und ermöglicht, dass wirklich jeder Mitarbeiter etwas bewegen kann. Die Selbstbefähigung der Abteilungsmitglieder pusht nicht nur – sie fördert auch das Verantwortungsgefühl jedes Mitarbeiters für das Unternehmen. Wenn jeder seine Ideen einbringen kann und sich alle Mitglieder einer Abteilung auf Objectives und Key Results einlassen, trägt jeder einen Teil der Gesamtverantwortung und zum Unternehmenserfolg bei.

Was sind die Nachteile von Objectives and Key Results?

Wie bei allen agilen Frameworks und Methoden kann die Einführung zunächst auf Widerstände stoßen. Das ist eine Herausforderung, der sich jeder Master, Coach und jedes Unternehmen stellen muss, wenn moderne, agile Formate eingeführt werden sollen, um das Unternehmen in die Zukunft zu führen. Hier gilt es, ein agiles Mindset bei jedem Einzelnen sowie eine agile Kultur im Gesamtunternehmen zu fördern. OKR ist ein gut geeignetes Tool, um Berührungsängste mit agilen Methoden abzubauen.

„Success today requires the agility and drive to constantly rethink, reinvigorate, react, and reinvent. “

Bill Gates

Agilität zahlt sich aus

Die agile Methode OKR hat im Gegensatz zu klassischen Zielvereinbarungsmodellen den großen Vorteil, dass man nicht erst nach einem halben Jahr oder Jahr auf die Zielerreichung schaut – und im schlimmsten Fall bereits 12 Monate in eine völlig falsche Richtung gelaufen ist.  OKR ermöglicht schnelle Reaktionen. Objectives und Key Results lassen sich – wenn nötig – auch im laufenden Zyklus anpassen, wenn man merkt, dass Änderungen notwendig sind. Es geht auch nicht ausschließlich darum zu überprüfen, was alles erledigt wurde und wie viele Aufgaben eine Einzelperson abhaken konnte. Bei OKR steht stets im Mittelpunkt, welche relevanten Ziele die Mitarbeiter mit welchem Ergebnis erreicht haben.

OKR für alle!

Es mag ein mutiger Schritt sein, OKR einzuführen. Wir bei IW Medien haben ihn nicht bereut. Die vielen positiven Begleiterscheinungen und Benefits der Methode haben uns überzeugt. Sollten Sie Fragen zu Objectives and Key Results haben, kommen Sie gerne auf uns zu!

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