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(K)ein Platz für Kinder?
Kita-Lücke, das klingt nach Zahnausfall und berühmt-berüchtigtem Behördendeutsch. Doch die Kita-Lücke bringt seit Jahrzehnten Generationen von jungen Eltern zur Verzweiflung, denn sie bedeutet nichts anderes als mangelnde Kapazitäten in Krippen, Kindertagesstätten und Kindergärten. Daher ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie beim Recruiting neuer Mitarbeiter längst zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor geworden. Denn auch wenn die Kita-Lücke in Deutschland laut IW-Berechnungen zuletzt kleiner geworden ist, fehlten im Frühjahr 2022 immer noch 266.000 Plätze für unter Dreijährige. Auch wenn man die Gruppe aller unter Sechsjährigen betrachtet, hat sich die Lücke verkleinert – von rund 460.000 auf 365.000.
Es ist in den vergangenen beiden Jahren also etwas einfacher geworden, einen Betreuungsplatz für sein Kleinkind zu finden. Wer nun trotz Lücke einen Platz ergattert hat, weiß aber auch: Der Kitaplatz ist nicht alles. Denn die Betreuungseinrichtungen sind personell knapp besetzt. Fällt eine Erzieherin oder ein Erzieher wegen Krankheit aus, lässt sich das noch auffangen. Sind es zwei oder mehr, ist die Betreuung der Kinder nicht mehr möglich. Gerade in Krankheitswellen wie im Winter keine Seltenheit.
Kinderbetreuung als Entscheidungskriterium
Diese Lücke können Unternehmen schließen, indem sie selbst für Betreuungsmöglichkeiten sorgen. Auch wenn ein eigener Betriebskindergarten sicherlich für weniger Arbeitgeber ein realistischer Ansatz ist – Anfang März 2022 gab es bundesweit nur 795 Betriebskitas – können Unternehmen mit kleineren Angeboten bei potenziellen Mitarbeitern punkten. Das kann beispielsweise ein Spielzimmer vor Ort sein oder auch ein digitales Betreuungsangebot. Vor allem die digitale Kinderbetreuung wird in Zukunft vermutlich ein immer wichtiger Baustein der New-Work-Arbeitswelt sein und ist in Zeiten des Fachkräftemangels eine Möglichkeit, Eltern als Mitarbeiter zu gewinnen oder zu halten. Online-Kurse für Kinder im Bereich Musik oder Sport können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beispielsweise im Home Office entlasten.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fordern diese Familienfreundlichkeit auch zunehmend ein. Laut einer Untersuchung von bitkom Research wünscht sich circa jeder Zweite Angebote zur Kinderbetreuung. Für Unternehmen bedeutet das: Sie können sich hier mit entsprechenden Konzepten einen Wettbewerbsvorteil verschaffen und so dazu beitragen, geeignete Fachkräfte für ihr Unternehmen zu begeistern.
Wie leicht oder schwer sich die Suche nach einem Kita-Platz gestaltet, ist allerdings zu einem nicht unerheblichen Teil auch davon abhängig, wo man wohnt. Denn die Kita-Lücken unterscheiden sich je nach Bundesland merklich. Am größten waren sie im Jahr 2022 mit 16 Prozent in Bremen, gefolgt von Rheinland-Pfalz (15,5 Prozent) und Hessen (14,7 Prozent). In absoluten Zahlen ist das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen trauriger Spitzenreiter: Hier fehlten zuletzt 72.000 Plätze.
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Berit Schmiedendorf
stellvertretende Redaktionsleiterin iwd der IW Medien