Tipps und Tricks
Green Coding: So werden Websites nachhaltig
Diese Geschichte fängt – natürlich – bei uns selbst an. Will man andere von etwas überzeugen, sollte man immer mit gutem Beispiel vorangehen. Das gilt auch beim Thema Nachhaltigkeit.
Also beginnen wir bei Ihnen:
Während Sie das hier gerade auf ihrem Smartphone oder am Desktop lesen, produzieren Sie CO2. Sie atmen es aus – ungefähr ein Kilogramm pro Tag. Es trägt allerdings nicht zum Klimawandel bei (siehe Behauptung: „Wer atmet, verstärkt den Treibhauseffekt“ | klimafakten.de)). Problematischer sind die Kohlendioxide, die in Ihren Devices stecken (durch Produktion, Transport, Lagerung etc.). Die Software auf Ihrem Rechner verursacht Rechenleistung (= Strom = möglicherweise viel CO2-Ausstoß). Nicht zuletzt strömen auch durch jedes Ihrer geöffneten Browserfenster und -Tabs klimaschädliche Gase ins Freie: Eine durchschnittliche Website produziert 1,76g CO2-Emissionen pro Seitenaufruf, so die Berechnung des Website Carbon Calculator.
Und damit zu uns:
Wir hatten durch das Design und die Programmierung unserer Website einigen Einfluss darauf, wie viel CO2 Ihre aktuelle Lektüre freisetzt. Das beginnt bei Konzeption und UX-Design, geht weiter über die Content-Strategie und das Coding und endet beim Hosting. „Es gibt viele Stellschrauben, mit denen man die Klimafreundlichkeit einer Website beeinflussen kann“, sagt Armin Vieweg, Leiter der Programmierung bei IW Medien. „Für unsere eigene Website und die unserer Kunden drehen wir viele davon bereits standardmäßig in Richtung Nachhaltigkeit.“
Zum Beispiel diese hier:
1. Green Hosting: Daten nachhaltig lagern
Daten haben keine Materie. Aber sie brauchen Speicherplatz, um zu existieren. Und Server verbrauchen Strom. Allein in Deutschland gibt es über 3.000 Rechenzentren, viele davon sind mehrere Fußballfelder groß. Serverräume müssen konstant gekühlt werden, um mögliche Ausfälle zu vermeiden – das kostet viel Energie. Auch der Datentransport funktioniert nicht ohne Elektrizität. Laut einer Erhebung im Auftrag des Deutschen Bundestags verbrauchten im Jahr 2019 allein deutsche Rechenzentren 14,9 Terawattstunden Strom. Einer Umfrage von Bitkom zufolge stammt der in den allermeisten Fällen aus fossilen Energien. Und die Daten lagern ja nicht nur in Deutschland. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur sind Rechenzentren und Datenübertragungsnetze für jeweils etwa 1 bis 1,5 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs verantwortlich.
Unser Hosting bei IW Medien läuft bereits mit grüner Energie. Das lässt sich ganz einfach mit Tools wie The Green Web Foundation überprüfen. Auch bei Kundenprojekten achten wir darauf, dass die Daten mit Ökostrom gehostet werden. Zuletzt etwa bei unserer Website für die Kampagne „Lieber Lehramt“ im Auftrag des Forschungsministeriums Baden-Württemberg:
2. Nachhaltiges Coding: So einfach wie möglich
Wer nachhaltig programmiert, lässt die Recheneinheit nur das Notwendige tun. „Das Ziel von Clean Coding ist, Software so effizient und effektiv zu produzieren, dass der Code leicht zu lesen, zu ändern und zu erweitern ist“, erklärt Vieweg. Nachhaltig ist das deshalb, weil weniger Zeit für die Wartung benötigt wird und der Code logisch aufgebaut ist, ohne Dutzende Schleifen zu drehen. Zudem braucht kompakter Code weniger Speicher und Ausführungszeit.
Auch Code zu recyclen, spart Energie: So müssen Informationen, die an verschiedenen Stellen im Programmablauf verwendet werden, nicht durch mehrfache Datenbankzugriffe beschafft werden. „Ein wichtiger Aspekt ist auch die Dokumentation“, sagt Vieweg. „Bei IW Medien halten wir die wesentlichen Schritte der Programmierung in der Dokumentation fest und können Code so bei Bedarf schnell anpassen.“ Alles in allem lassen sich durch nachhaltiges Coding die Website-Emissionen um bis zu 30 Prozent reduzieren.
3. Caching: CO2-Sparen durch Zwischenspeicher
Ruft man eine URL auf, liefert der Webserver normalerweise eine statische HTML-Seite aus. Wird allerdings ein Content-Management-System verwendet, geschehen zusätzliche Aktionen. „Dann greift die Software zum Beispiel auf Datenbanken zu, was die Serverlast und damit den Energieverbrauch erhöht“, sagt Vieweg. Sofern technisch möglich, kann hier Caching helfen: Dabei werden dynamisch generierte Inhalte im sogenannten Cache zwischengespeichert. Die können dann schnell und ohne zusätzlichen Energieaufwand ausgeliefert erden – was Ladezeiten und Energieverbrauch erheblich vermindert.
4. Energieoptionen: Alles so schön hell hier
Es lohnt sich auch, nach Energieoptionen im Betriebssystem zu schauen. Oft können dort die Standardwerte für Helligkeit und Kontrast niedriger eingestellt werden, um Energie zu sparen. „Zusätzlich sollte man Usern bei einer Website auch den Darkmode anbieten“, sagt Vieweg. Allein dadurch lassen sich einige Prozente sparen, sofern man ein OLED-Display nutzt, bei dem schwarze Pixel keine Hintergrundbeleuchtung benötigen.
5. Content-Strategie und UX-Design: Kein unnötiger Schnickschnack
Mit die größten Stellschrauben für eine nachhaltige Website sind Content-Strategie und Design. „Durch eine smarte User-Führung lässt sich viel unnötiges Herum-Browsen verhindern“, sagt Lea Fabry, UX-Designerin bei IW Medien. Schlanke Websites verbrauchen zudem weniger Energie.
Aber es geht nicht nur um Userführung. Auch die verwendeten Assets und Schriftarten haben einen direkten Einfluss auf die CO2-Bilanz. Am sparsamsten sind die sogenannten Systemschriften (zum Beispiel Arial oder Times New Roman): Sie liegen auf jedem Rechner und verbrauchen deshalb am wenigsten Energie. Webfonts dagegen werden auf externen Servern gehostet und müssen von dort extra geladen werden (was Energie verbraucht). Hinzu kommt die Dateigröße: Videos und großformatige, hochaufgelöste Bilder brauchen mehr Speicher und Ladezeit als Vektorgrafiken. Auch das Tracking von Drittanbietern und der Einsatz von Social- Media-Buttons sind Energiefresser.
„Die Herausforderung liegt darin, eine gute Usability zu gewährleisten, die für die Nutzer*innen optimal funktioniert und gleichzeitig ausreichend Informationen vermittelt“, sagt Fabry. Nachhaltigkeit kommt hier als drittes Kriterium noch zu User needs und Business needs hinzu, muss aber nicht im Widerspruch zu den anderen stehen. „Entscheidend ist immer der Einzelfall“, sagt Fabry: So können CO2-sparende Text-Wüsten zwar nachhaltig sein, sprechen aber vielleicht die angepeilte Zielgruppe nicht an. Andererseits könnte ein Feuerwerk an Design-Ideen User auch verwirren – was wiederum für ein schlankes Design spricht.
OKR-Prozess: IW Medien wird nachhaltiger
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 830 Millionen Tonnen CO2 verursacht das Internet im Jahr. 300 Millionen Tonnen CO2 davon sind 2018 allein durch das Streaming von Onlinevideos entstanden (so Daten des Think-Tanks The Shift Project für 2018).
Für uns als Agentur mit dem Schwerpunktthema Nachhaltigkeit ist klar: Als Konzepter*innen, Designer*innen, Texter*innen und Programmierer*innen von Websites tragen auch wir Verantwortung dafür, dass das Internet grüner wird. Deshalb verfolgen wir uns in unserem agilen OKR-Prozess seit einiger Zeit das Ziel, die Agentur in ihren Nachhaltigkeitsaktivitäten voranzubringen.
Jedes Team schaut dabei auf sich selbst – und hebt Potenziale.
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Mehr Infos zum Autor
Michael Aust
Redakteur der IW Medien