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Social Media Reichweite: Zwischen Qualität und Quantität

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Social Media Reichweite: Zwischen Qualität und Quantität:

Der Hype um TikTok ist groß und überall werden Erfolgsbeispiele geteilt, wie in kürzester Zeit und mit einfachen Methoden viel organische Reichweite erlangt wurde. Doch was heißt Erfolg? Wie wertvoll ist Reichweite und in welchem Verhältnis steht sie zu anderen Kanälen? Welchen Mehrwert bringt Reichweite und unterscheidet sich dieser Mehrwert bei verschiedenen Plattformen? Wir beantworten diese Fragen und helfen Ihnen so, Social Media-Kanäle strategisch besser einzuordnen.

 

Pro und Contra Social Media: Der Mehrwert von Reichweite

Neben Reichweiten-Erfolgen wird auch der vermeintliche "Impact" der Reichweite auf unterschiedlichen Plattformen diskutiert. Aktuell wird etwa auf LinkedIn folgende Grafik von Lucas O`Keefe geteilt:

Sie stellt vereinfacht dar, welchen Mehrwert ein Kanal in Relation zur potenziellen Reichweite bietet. Demnach ist TikTok auf der einen Seite Spitzenreiter in puncto Reichweite, bietet allerdings auf der anderen Seite wenig Impact. Was bedeutet, dass auf TikTok zwar viel Reichweite erlangt werden kann, diese aber qualitativ nicht so hochwertig ist. Mit "Impact" dürfte in diesem Zusammenhang ein nachhaltiger Mehrwert gemeint sein. Wenn also bei TikTok im Verhältnis zu anderen Netzwerken enorme Klick- und Zuschauerzahlen generiert werden, diese aber weniger oder nur genauso viel Wirkung zeigen, entsteht eine Reichweiteninflation. Das heißt auch, dass in so einem Fall der Wert pro Impression oder erreichtem Nutzer sinkt.

Was ist ein Mehrwert der höheren Reichweite?

Das sind interessante Ansätze und logische Ableitungen. So pauschal, wie es die Grafik vermittelt, lässt sich das jedoch nicht sagen. Vielmehr hängt der vermeintliche Mehrwert der Reichweite von unterschiedlichen Szenarien, Zielsetzungendemografischen sowie psychografischen Merkmalen ab. Um das zu verdeutlichen, skizzieren die folgenden Grafiken den Mehrwert von Social Media anhand  ausgewählter Einflussfaktoren.

 

  • Wissenstransfer 

Mit der Seriosität eines Berufsnetzwerks und dem Fokus auf Content hat sich LinkedIn als eine Plattform für Wissenstransfer etabliert. Auch Podcasts haben ein breites Themenspektrum, können jede Nische besetzen und dadurch Wissensvermittlung leisten. Während YouTube als Videoplattform viel Spielraum für Wissenstransfer und Infotainment bietet, haben andere Social Media-Netzwerke aufgrund von Faktoren wie Kurzlebigkeit, Spontaneität und Quantität der Inhalte weniger Potenzial für klassische Wissensvermittlung. Also bietet deren Reichweite weniger Mehrwert. Auch hier verlaufen die Grenzen aber nicht eindeutig, da Plattformen sich kontinuierlich weiterentwickeln und den Bedürfnissen am Markt anpassen. So hat TikTok verkündet, eine e-Learning Plattform etablieren zu wollen. 

  • Schnelllebigkeit, Frequenz und Aktualität 

Im Gegensatz zur Wissensvermittlung bieten Plattformen wie Twitter oder Pinterest, aber auch TikTok und Instagram, viel Mehrwert in Bezug auf die schnelle Verteilung von Inhalten. In dieser Kategorie stellt bspw. Pinterest mit seiner "Pin- und Re-Pin"-Mechanik eine hohe Content-Dynamik sicher. Auch Aktualität ist ein wichtiger Aspekt: Als Netzwerk mit reduzierter Gestaltung, einfacher Usability und der hohen Frequenz an Tweets schafft es Twitter, eine wichtige Anlaufstelle für Trends und aktuelle Geschehnisse zu sein. Grundsätzlich wirkt sich in dieser Kategorie natürlich auch die Art des Contents positiv aus: Je simpler und authentischer der Inhalt für die Plattform produziert und geteilt werden kann, desto schneller der Informationsfluss.

  • Brand Awareness

Unabhängig davon, wie qualitativ hochwertig die Reichweite ist (oder zu sein scheint): Viel Reichweite bedeutet viel Aufmerksamkeit. Abzuwägen ist allerdings, ab wann überhaupt von Aufmerksamkeit gesprochen werden kann und über welchen Zeitraum etwa eine Marke wahrgenommen wird. Daher könnte TikTok, welches als Plattform organische Reichweite quasi verschenkt, trotzdem schwächer in der Wirksamkeit sein als YouTube oder Instagram . Die Funktionalität auf TikTok ist so konzipiert, dass Nutzer Inhalte beim Scrollen oft nur peripher wahrnehmen. Auf YouTube suchen sie dagegen aktiv nach Inhalten und klicken auf Videos. Hierbei beeinflusst auch die Nutzerstruktur den Mehrwert der Reichweite: Auf Plattformen wie TikTok ist die Generation Z zuhause. Anders als bei älteren Generationen, ist ein "Like" in dieser Altersklasse nicht unbedingt eine "Auszeichnung" oder ein "Gefällt mir", vielmehr könnte es ein "Ich hab's gesehen" oder "Ich bin daran vorbeigescrollt" sein.

  • Entertainment und emotionaler Mehrwert:

Im unternehmerischen Kontext wird oft von rationalem Mehrwert oder gar vom Mehrwert für das Unternehmen gesprochen. Dass es bei "Social" in erster Linie um den Nutzer geht und darum, wie dieser den Mehrwert wahrnimmt , wird gerne vergessen. Denn wieso ist TikTok momentan so erfolgreich? Nicht nur, weil der Content so schnell produziert wird. Sondern vielmehr, weil es unterhaltsam ist und auf eine leicht verdauliche Art die Bedürfnisse der Nutzer befriedigt. Da Emotionen sehr gut via Video  transportiert werden können und Podcasts Einzug in die Intimsphäre halten, bieten auch sie einen hohen emotionalen Mehrwert.

  • Nicht zu vernachlässigen: Synergieeffekte, Zielgruppe und Kontext

Es existieren noch weitere Einflussfaktoren, die nicht nur die Grenzen verschwimmen lassen, sondern auch so starke Wechselwirkungen haben, dass man sie schwer clustern kann. Grundsätzlich spielt die Zielgruppe eine große Rolle. Die Generation Z verhält sich anders als die Boomer-Generation. Kontext ist ein weiterer entscheidender Faktor. Für B2B gelten andere Regeln als für B2C. Und schließlich müssen immer etwaige Synergieeffekte und Interdependenzen zwischen den Plattformen beachtet werden. Der Mehrwert einer Plattform kann durch den (kombinierten) Einsatz einer anderen sehr stark variieren.

 

  • Weniger Impact muss nicht automatisch ausgeschlossen werden

Zuletzt noch eine Klarstellung: „Weniger Impact“ muss nicht gleich „schlecht“ bedeuten, sondern ist stets im Einzelfall abzuwägen. Zum Beispiel sind Kosten für eine gewisse Reichweite auf Plattformen mit weniger potentieller Reichweite in der Regel geringer. Influencer Marketing auf Instagram kostet laut Schätzungen zehnmal mehr als die Zusammenarbeit mit Influencern auf TikTok. Also könnten bei der Entscheidung für TikTok auch zehnmal so hohe Streuverluste hingenommen werden, da es so viel günstiger ist, dass es trotzdem denselben Effekt hätte.

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