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Nachhaltigkeitsbericht erstellen: 10 Do’s und Don’ts

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Nachhaltigkeitsbericht erstellen: 10 Do’s und Don’ts:

Berichte zur Corporate Social Responsibility (CSR) sollen nach dem Willen der EU-Kommission für immer mehr Unternehmen Pflicht werden.Große börsennotierte Unternehmen in Deutschland müssen bereits über ihre Anstrengungen für ökologische, soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit berichten. Bald sollen Mittelständler folgen.

Neben der Politik erhöhen Investoren, Öffentlichkeit und oft auch große Kunden den Druck bei den ESG-Themen (Environmental, Social und Governance – also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung). 5 Dinge, die Sie für die Erstellung eines CSR-Reports tun – und 5 Dinge, die Sie lassen sollten: die wichtigsten Prinzipien.

1. Nachhaltigkeit in allen Dimensionen verstehen

Nachhaltigkeit heißt nicht nur “alles, was grün ist”. Die genannten drei Dimensionen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung bedeuten, dass ein CSR-Bericht das Handeln eines Unternehmens in vielen verschiedenen Bereichen abbilden und analysieren kann. Von Fachkräftesicherung über weniger CO2-Emissionen bis zur Achtung von Menschenrechten in der Lieferkette: Unternehmen wirtschaften nachhaltig(er), wenn sie die langfristigen Interessen ihrer verschiedenen Stakeholder (Anspruchsgruppen) über kurzfristige Erfolge beim Wachstum oder Shareholder Value stellen.

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2. Nachhaltigkeitsbericht als Prozess aufsetzen

Der jährliche CSR-Report kommt so wenig überraschend wie Weihnachten, kann aber zu ähnlicher Hektik führen. Dagegen helfen:

  • Strategisches Bekenntnis der Unternehmensführung zum Thema ESG
  • Kommunikation dieses Bekenntnisses an alle Mitarbeiter
  • Verankerung durch Nachhaltigkeits-Paten/-Botschafter/-Ansprechpartner in allen relevanten Abteilungen
  • Steuerung über zentrale Verantwortlichkeit bei einer CSR-Person oder einem CSR-Team
  • Klarer Workflow mit Zuständigkeiten und Deadlines
  • Ressourcen realistisch einschätzen, ggf. externe Unterstützung buchen
  • Projekt nach Abschluss bewerten, Lernerfahrungen dokumentieren und für den nächsten Bericht direkt anwenden 

3. Daten zur Nachhaltigkeit ständig erheben und bewerten

Aktuelle, detaillierte und vergleichbare Daten sind die Basis jedes überzeugenden CSR-Berichts, der zum Beispiel den weit verbreiteten Standards der Global Reporting Initiative (GRI) folgt. Unternehmen sollten sie das ganze Jahr über sammeln und auswerten. Die Zuständigen für den Bericht brauchen also stetigen Kontakt zu allen Datenverantwortlichen, um frühzeitig von neu oder anders erhobenen Daten, aber auch von fehlenden, fehlerhaften oder inkonsistenten Angaben zu erfahren.

Gibt es keine oder zu wenige Strukturen, um ESG-Daten überhaupt zu erheben, lohnen sich Investitionen in Technik, Software, Prozesse und Personal. Gerade bei komplexen Daten wie den direkten und indirekten CO2-Emissionen lohnt sich außerdem externe und unabhängige Expertise. Unternehmen können sich schon bei der Erhebung unterstützen lassen. Sie sollten aber zumindest ihre selbst erhobenen Daten zur Gegenprüfung rausgeben. Ein externes Testat erhöht zum einen die Glaubwürdigkeit bei den Lesern. Zum anderen sichert es das Management ab, dass seine Unternehmensdaten keine substanziellen Fehler oder Lücken aufweisen.

4. Aus Daten Informationen machen

Beispiel für eine Infografik aus dem Magazin
Beispiel für eine Infografik aus dem Magazin Wir.Hier.

Nur Daten mit Kontext sind Informationen. Jede Tabelle und jede Infografik in einem Nachhaltigkeitsbericht braucht eine Einordnung. Diese liefert dem Leser die Erklärung dafür, warum ein Unternehmen bestimmte Daten für erwähnenswert und aussagekräftig hält. Mit kurzen (Kon)Texten können Unternehmen Entwicklungen positiv besetzen – aber ebenso erklären, warum es an einigen Stellen vielleicht noch hakt (dazu auch s. u.). Unkommentierte Daten wiederum lassen Leser mit der Interpretation alleine, Unternehmen verschenken also eine kommunikative Chance.

5. Nachhaltigkeitsbericht weiterentwickeln

Jeder Nachhaltigkeitsbericht kann besser werden als der vorherige. Das gilt schonmal aus einem ganz platten Grund: Es gibt keinen einheitlichen Rahmen für die Erstellung und die Beurteilung eines CSR-Berichts. Zwar veröffentlicht etwa das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung ein jährliches Ranking der Nachhaltigkeitsberichte, es hat aber eben seinen subjektiven Blick auf die Qualität. Auch auf einer höheren Ebene lässt sich Nachhaltigkeit offenbar nur schwer vergleichen: Ein Team des Bostoner MIT hat 2019 die Nachhaltigkeitsbewertungen derselben Firmen durch sechs verschiedene Rating-Anbieter analysiert. Sein Ergebnis: Die Korrelation zwischen den Ratings betrug im Schnitt nur 0,54 (1 wäre der Höchstwert genauer Übereinstimmung).

Für die Weiterentwicklung heißt das:

  • Nachhaltigkeitsstrategie aufsetzen, konkretisieren oder besser verankern
  • wesentliche Themen für die Berichterstattung gemeinsam mit den Stakeholdern ermitteln
  • Datenerhebung und Informationsfluss optimieren
  • Kommunikation ausbauen.

Bei allem Druck des Gesetzgebers, von Investoren oder Kunden ist ein Nachhaltigkeitsbericht für jedes Unternehmen schließlich auch eine Chance, die eigene Entwicklung zu dokumentieren und sich als sensibel für den Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft zu präsentieren.

Damit das überzeugend gelingt, sollten Unternehmen die folgenden 5 Fehler vermeiden:

6. Inhalt 1: Ein CSR-Bericht ist kein PR-Produkt

Dass ein Nachhaltigkeitsbericht eine Chance zur öffentlichen Darstellung eines Unternehmens ist, heißt nicht: Bahn frei für die PR-Abteilung. Beim Thema CSR gilt: Demut statt PR-Geklingel, Klarheit statt Phrasen. Idealerweise liegt die Verantwortung für den Bericht deshalb auch nicht in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit.

Taktisches Weglassen, Aggregieren oder Interpretieren von Daten und Informationen wird in der Öffentlichkeit schnell als Greenwashing eingestuft. Standardsetzer wie die GRI ermutigen Unternehmen sogar, das zu berichten, was ihnen (noch) nicht richtig gelingt: Daten, die nicht vorliegen, sich nur langsam oder sogar in die falsche Richtung entwickeln, wesentliche Themen der Stakeholder, die das Unternehmen bislang gar nicht auf dem Schirm hatte – alles sollte Bestandteil eines glaubwürdigen Berichts werden. Was ein Unternehmen in Jahr 2 beackert, kann in Jahr 4 schon Früchte tragen. Der CSR-Bericht sollte diesen langen, vielleicht anstrengenden Weg und die erwartbaren Rückschläge von Anfang an transparent machen.

7. Inhalt 2: Ein Nachhaltigkeitsbericht ist auch kein Finanzbericht

Zur richtigen Lektüre und Interpretation von Geschäftsberichten gibt es tagesfüllende Seminare – kein Wunder angesichts der Fachbegriffe und kryptischen Formulierungen in Finanzberichten, die primär Investoren verstehen und begeistern sollen. Ein Nachhaltigkeitsbericht aber hat viele Zielgruppen. Und alle sollten ihn verstehen. Der ehrenamtliche Stadtrat am Stammsitz eines Unternehmens genauso wie der Hedgefonds-Manager, die Produktionsmitarbeiterin genauso wie die Lokaljournalistin. Nicht zu Unrecht ist etwa bei Finanzjournalisten, die Geschäftsberichte studieren, ein Hauptmotiv: herausfinden, was verschwiegen oder verschleiert wird. Diesen “Generalverdacht” sollte ein Nachhaltigkeitsbericht gar nicht erst auslösen. Die Global Reporting Initiative formuliert in ihren Grundlagen folgende “Prinzipien der Berichterstattung zur Sicherstellung der Berichtsqualität”:

  • Genauigkeit
  • Ausgewogenheit
  • Verständlichkeit
  • Vergleichbarkeit
  • Zuverlässigkeit
  • Aktualität

8. Gestaltung des CSR-Berichts: Falsches Framing vermeiden

Schon die Wahl der Bebilderung setzt den Rahmen dafür, wie ein CSR-Report wirken soll. Glückliche Kinder in blühenden Landschaften, dort hinten dreht sich ein Windrad, im Wald grunzen die Wildschweine – solche Fotos sind austauschbar, sie erzählen nichts über die konkreten Handlungen und Herausforderungen in einem Unternehmen. “Ich habe noch keinen Manager eines Pensionsfonds getroffen, der seine Investitionsentscheidungen daran festmacht, wie viele Fotos mit Rehen ein Bericht enthält”, hat der kanadische Nachhaltigkeitsberater Mel Wilson schon 2016 geschrieben.

Das andere – und nicht viel bessere – Extrem sind Berichte, die so daherkommen, als hätten sie mit ihrem eigentlichen Thema nichts zu tun. Ein großer Sportwagenbauer zum Beispiel hat seinem Nachhaltigkeitsbericht den Anstrich einer Imagebroschüre gegeben und ihn mit langzeitbelichteten, dynamischen Produktfotos vollgestopft. Das soll vermutlich aussagen “Nachhaltigkeit steckt in jedem unserer Modelle”. Der Unsinn dahinter ist offensichtlich.

In der Gestaltung des CSR-Berichts hält man sich am besten daran, dass weniger mehr ist: bewusster Fokus auf die visuell großzügige Vermittlung von Daten, Fotos wenn, dann nur aus dem eigenen Unternehmen und nicht aus dem Stockfoto-Archiv. Und: Im Interesse der Leser sollten sich vor allem die Anordnung und Abfolge der Inhaltselemente vom einen aufs andere Jahr nicht verändern. So gelingen Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Vergleichbarkeit schon in der Gestaltung.

9. Nachhaltigkeitsberichte nicht nur retrospektiv anlegen

Ein CSR-Bericht funktioniert nicht, wenn er nur ein Jahr betrachtet. Wie ich anderer Stelle beschrieben habe, muss er die Entwicklung zu mehr Nachhaltigkeit in der Entwicklung von Kennzahlen dokumentieren. Auch das reicht aber nicht: Die strategische Ernsthaftigkeit des berichtenden Unternehmens erweist sich erst daran, einen Blick voraus zu werfen. Welche Prozesse sollen in welchem Zeitraum überarbeitet oder neu eingeführt werden, wo hinterfragt man welche strategischen Entscheidungen, wie sucht das Unternehmen den Dialog mit welchen Stakeholdern, um seine wesentlichen Themen noch besser zu fassen?Und: Wie und in welchem Maße sollen sich einzelne Kennzahlen verändern? Damit wird in einem Bericht auch gleich die Basis für den kommenden gelegt, denn Leser werden dort nach ebenjenen angekündigten Vorhaben und deren Resultaten suchen.

10. Nachhaltigkeit nicht mit sich alleine ausmachen

Aus Sicht von Unternehmen sind Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeitsberichterstattung Entwicklungsprozesse, die Unsicherheiten schaffen. Die Regulierung nimmt zu, die Erwartungen des Marktes verändern sich, die gesellschaftliche Aufmerksamkeit wächst. Für manche Unternehmen rührt das an die Identität: Wie verorten sie sich nachhaltig? Tun oder verkaufen sie etwas, das sich bereits als nachhaltig einordnen lässt? Wenn nicht, was sollten sie ändern? Wie sollten sie diesen Wandel kommunizieren, damit die Stakeholder ihnen diesen abnehmen? Zugleich haben sich noch keine globalen, verbindlichen Standards für die Erhebung, Darstellung und Bewertung von Nachhaltigkeits-Kennzahlen und anderen Informationen etabliert. Die Grundsatzfrage vieler Unternehmen lautet also: Was muss und kann ich überhaupt tun?

Bei solchen Fragen ist ein unabhängiger Blick von außen wertvoll: IW Medien unterstützt Unternehmen nicht nur mit Redaktion und Gestaltung des eigentlichen Nachhaltigkeitsberichts. Schon in der Frühphase der Konzeption blicken wir gemeinsam mit unseren Kunden grundsätzlich auf deren Engagement und Entwicklungspotenziale in Sachen Nachhaltigkeit. Wir definieren wesentliche Themen, formulieren Strategien, wo es keine gibt, und gehen in den Austausch mit Stakeholdern, damit deren Erwartungen erfüllt werden. Anders ausgedrückt: damit die Nachhaltigkeitskommunikation auch nachhaltig wirkt. Sprechen Sie uns gerne an.

Nicolas Schöneich

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Nicolas Schöneich
Senior Concepter der IW Medien

Finde Floskeln furchtbar, Phrasen phasenweise phantasievoll. Drei Dinge, die ich gut kann, sind lesen und schreiben; rechnen nicht so.

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